Prostatakrebs
Ein Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes in Deutschland. Auch wenn viele Fälle von Prostatakrebs über Jahre in einem ungefährlichen Stadium bleiben, entwickeln einige eine aggressive Variante. Daher ist es wichtig, einen Krebsverdacht abzuklären und zu beobachten.
Prostatakrebs
Der Krebs der Vorsteherdrüse (Prostatakarzinom) ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung des Mannes und die dritthäufigste Todesursache bei Krebserkrankungen des Mannes. Jährlich erkranken etwa 60.000 Männer an Prostatakrebs.
Das Prostatakarzinom ist typischerweise eine Erkrankung des höheren Lebensalters: Beim Mann unter 40 Jahren ist die Erkrankung weitgehend unbekannt, beim über 70-Jährigen liegt die Wahrscheinlichkeit bei rund 16 %, ein Prostatakarzinom zu entwickeln.
In den frühen Krankheitsstadien entwickelt sich der Prostatakrebs – meist in der Außenzone der Prostata – weitgehend unbemerkt. Da er sich oft nicht durch Krankheitszeichen (Symptome) bemerkbar macht, kann er in diesem Stadium nur durch gezielte Untersuchungen nachgewiesen werden. Eine der wichtigsten Methoden ist dabei ein spezieller Bluttest, der sogenannte PSA-Test.
Wenn der PSA-Wert erhöht ist, sollten zunächst weitere Blutkontrollen des Wertes erfolgen. Erst bei wiederholt erhöhten Werten kann es sein, dass Ihnen eine Prostata-Biopsie empfohlen wird, um ein Prostatakarzinom auszuschließen. Das Für und Wider einer Prostatastanzbiopsie sollte umsichtig erwogen werden. Keinesfalls geht es darum, Sie zu verunsichern. Auf der anderen Seite ist es wichtig, Prostatakrebs frühzeitig zu erkennen, um bei gefährlichen Prostatakarzinomen rechtzeitig eine Therapie einleiten zu können.
Bei einem Großteil der Fälle verbleibt der Prostatakrebs über viele Jahre in einem frühen und damit ungefährlichen Stadium, ohne dass es zu Beschwerden oder zur Erkrankung des Patienten kommt. Diese Tumore benötigen wahrscheinlich keine Behandlung, insbesondere wenn der betroffene Mann 75 Jahre oder älter ist. Die Patienten werden jedoch regelmäßig überwacht, man nennt dies "aktive Überwachung" (im Englischen "active surveillance").
Prostatakarzinom: unterschiedliche Stadien, unterschiedliche Schweregrade
Aus einem Teil der frühen Krebsstadien kann sich im zeitlichen Verlauf jedoch eine aggressive Variante mit beschleunigtem Wachstum entwickeln:
- ein Einwachsen in benachbartes Gewebe und
- der Bildung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) in Lymphknoten und
- anderen Organen (besonders im Skelettsystem).
Die pathologische Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Prostata kann nicht nur feststellen, ob Krebszellen vorhanden sind. Sie kann auch die Aggressivität (Gleason-Score) und Ausdehnung des Tumors (TNM-Klassifikation) feststellen.
TNM-Klassifikation: Was ist das?
Die TNM-Klassifikation ist ein internationales System, mit dem Medizin*innen die Ausdehnung von Tumoren einheitlich bezeichnen. Die Abkürzung TNM steht für
- T = Tumor
- N = Lymphknoten (englisch: node) und
- M = Metastasen.
Durch die TNM-Klassifikation kann der Krebs in verschiedene Stadien eingeordnet werden – "Staging" ist das Fachwort dafür.
TNM-Klassifikation des Prostatakarzinoms
T - Tumorausdehnung
T1 | Tumor ist weder tastbar noch durch ein bildgebendes Verfahren sichtbar | • T1a: Tumor in weniger als 5 % des Biopsie-Gewebes |
• T1b: Tumor in mehr als 5 % des Biopsie-Gewebes | ||
• T1c: Tumor wurde nach erhöhtem PSA-Wert durch eine Nadelbiopsie diagnostiziert | ||
T2 | Tumor ist begrenzt auf die Prostatakapsel (lokal begrenztes Karzinom) | • T2a: Tumor in weniger als 50 % eines Seitenlappens |
• T2b: Tumor in mehr als 50 % eines Seitenlappens | ||
• T2c: Tumor in beiden Seitenlappen | ||
T3 | Tumor ist über Prostatakapsel hinaus gewachsen (lokal fortgeschrittenes Karzinom) | • T3a: Tumorausbreitung ein- oder beidseitig über Prostatakapsel hinaus, Samenblasen tumorfrei |
• T3b: Tumorausbreitung ein- oder beidseitig über Prostatakapsel hinaus und in Samenblasen | ||
T4 | Tumorausbreitung in Nachbarstrukturen |
N – Lymphknoten (eng. nodes)
N0 | Keine Metastasen in benachbarten (regionären) Lymphknoten (Beckenlymphknoten) |
N1 | Metastasen in benachbarten Lymphknoten |
M – Metastasen
M0 | Keine Metastasen nachweisbar | |
M1 | Metastasen vorhanden | • M1a: Metastasen in nicht benachbarten Lymphknoten |
• M1b: Knochenmetastasen | ||
• M1c: Metastasen in anderen Organen und/oder Strukturen |
pTNM-Klassifikation nach der Operation
Wurde die Prostata – oder Teile von ihr – operativ entfernt, wird sie erneut gründlich von Patholog*innen untersucht. Manchmal wird das Stadium bestätigt, manchmal muss es korrigiert werden. Auf dem pathologischen Befund ist dann von der pTNM-Klassifikation die Rede – dem postoperativen Staging.
Diese postoperative Untersuchung des Prostata-Gewebes ist sehr wichtig: Sie stellt fest, ob der Tumor komplett entfernt wurde! Unter dem Mikroskop ist nämlich sichtbar, ob Tumorzellen in Nerven- oder Lymphscheiden eingewachsen oder ob die Schnittränder glatt sind.
Damit gibt dieser Befund Aufschlüsse über das Rückfallrisiko (Rezidivtherapie).
Was ist der Gleason-Score?
Prostatakarzinome sind unterschiedlich aggressiv: Manche wachsen sehr langsam, andere bilden schneller Metastasen. Neben der Ausdehnung eines Tumors müssen Ärzt*innen also auch die Aggressivität eines Prostatakarzinoms bestimmen. Sie nennen es "Grading".
Auch dieser Wert wird in der pathologischen Untersuchung einer Gewebeprobe (Prostata-Biopsie) bestimmt. Hier wird gesehen, wie "differenziert" sich das Probenmaterial unterscheidet:
- Gut differenziert heißt, dass das Gewebe gesundem Gewebe (noch) relativ ähnlich ist.
- Schlecht differenziert bedeutet, dass die Gewebeprobe stark von gesundem Gewebe abweicht.
Der Gleason-Score beziffert diese Differenz: Er ist eine Zahl zwischen 2 und 10 – je höher der Wert, desto aggressiver der Tumor.
Gleason-Score bei Prostatakrebs
- Gleason-Score 2–4: gut differenzierter Tumor
- Gleason-Score 5–6: mittelgradig differenzierter Tumor
- Gleason-Score 7: mittelgradig bis schlecht differenziert
- Gleason-Score 8–10: schlecht- bis entdifferenzierter Tumor
Wie wird der Gleason-Score ermittelt?
Patholog*innen beurteilen immer mehrere Gewebeproben: Je nach Zellmuster wird jeder Probe eine Kategorie von 1–5 zugewiesen. Dann wird aus den einzelnen Werten ein Gesamtwert errechnet.
Hierbei gelten Unterschiede zwischen Proben von Prostata-Biopsien und Proben von Prostata-Operationen.
Gleason-Score bei Stanzbiopsien
Bei den 10–12 Gewebezylindern aus einer Prostata-Biopsien wird das Zellmuster, das am häufigsten ist mit dem Muster addiert, das am stärksten von gesunden Zellgeweben abweicht. Der niedrigste Gleason-Score nach einer Prostata-Biopsie ist also 3 + 3 = 6. Der höchste 5 + 5 = 10.
Gleason-Score nach OP-Proben
Nach Prostata-Operationen werden die entnommenen Teile der bzw. die Prostata auch noch einmal genau unter dem Mikroskop untersucht. Für OP-Proben gilt: Es werden die beiden Muster addiert, die sich am häufigsten finden. Daraus ergibt sich ein Gleason-Score zwischen 1 + 1 = 2 (sehr geringe Aggressivität) und 5 + 5 = 10 (sehr große Aggressivität).
Prostatakarzinom: Lokal begrenzt, lokal fortgeschritten oder metastasiert
Lokal begrenzter Prostatakrebs
Als lokal begrenztes Prostatakarzinom wird ein Tumor eingestuft, der die Kapsel der Prostata noch nicht durchbrochen hat – angrenzende Lymphknoten oder andere Organe sind nicht betroffen. In der TNM-Klassifikation werden diese Tumoren mit T1 oder T2 bezeichnet.
Bei einem lokal begrenzten Prostatakarzinom verspüren viele Männer keine Symtome. Es wird häufig bei einer Früherkennungsuntersuchung bemerkt. Und eine Biopsie bringt Gewissheit.
Lokal fortgeschrittener Prostatakrebs
Als lokal fortgeschritten wird ein Prostatakarzinom bezeichnet, wenn er die Kapsel der Prostata schon durchbrochen hat.
Dies entspricht der TNM-Klassifikation:
- T3: Der Tumor ist ein bisschen außerhalb der Prostatakapsel bzw. zu den Samenbläschen hingewachsen
- T4: Hier hat der Tumor schon Blasenhals, Blasenschließmuskel, Beckenboden oder Mastdarm erreicht
Bei einem lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom können folgende Symptome auftreten: anhaltende Probleme beim Wasserlassen, Blut im Urin oder in der Samenflüssigkeit.
Metastasierter Prostatakrebs
Metastasen (Tochtergeschwülste) entstehen in der Regel zunächst über die Lymphgefäße. Zuerst können regionale Lymphknoten im kleinen Becken, vor dem Kreuzbein oder in der Leiste betroffen sein. Ärzt*innen sprechen dann von Lymphknotenmetastasen. In der TNM-Klassifikation entspricht dies dem Wert N1.
Wenn sich die Krebszellen über die Blutgefäße im Körper verteilt haben (hämatogen), können Fernmetastasen die Folge sein. Dies wird im pathologischen Befund dann mit der TNM-Kategorie M1 bezeichnet.
- Am häufigsten bilden sich bei Prostatakrebs Knochenmetastasen: Anfangs sind oft die Lendenwirbel-, Oberschenkel- oder die Beckenknochen betroffen. Symptome hierbei können Knochenschmerzen sein.
- Seltener breitet sich Prostatakrebs auch auf andere Organe wie Leber, Lunge oder Gehirn aus.
Patientenleitlinien Prostatakrebs
Die Leitlinien zum Prostatakarzinom der Deutschen Krebsgesellschaft, der Stiftung Deutsche Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften informieren Sie noch genauer zu den Krebserkrankungen der Prostata:
Patientenleitlinie "Lokal begrenztes Prostatakarzinom"
Patientenleitlinie "Lokal fortgeschrittenes und metastasiertes Prostatakarzinom"